VORTRAG / Rundfunkpfarrer Schobel in Eislingen

Veröffentlicht am 23.10.2007 in Presseecho

"In der Bibel ist gerechter Lohn ein großes Thema": Rundfunkpfarrer P. Schobel mit ASF-Kreisvorsitzender H. Ko

Engagiertes Plädoyer für den Mindestlohn

"Wenn Manager den Mindestlohn als Gift für die Wirtschaft bezeichnen, aber sich selbst die Taschen vollstopfen, läuft etwas schief." So stimmte Gastgeber Klaus Grüner auf den Vortrag des Stuttgarter Seelsorgers Paul Schobel ein, der engagiert für einen gesetzlichen Mindestlohn kämpft.

NWZ, AXEL RAISCH

EISLINGEN Die Arbeitsgemeinschaften sozialdemokratischer Frauen (ASF) und für Arbeitnehmerfragen ( AFA) in der Kreis-SPD hatten zu der Veranstaltung in der Eislinger Stadthalle eingeladen, die unter dem Titel stand: "Arbeit schützt vor Armut nicht - wir brauchen den gesetzlichen Mindestlohn!""Wenn Manager den Mindestlohn als Gift für die Wirtschaft bezeichnen, aber sich selbst die Taschen vollstopfen, dann läuft was schief", begrüßte der AFA-Kreisvorsitzende, Klaus Grüner, die Gäste. Paul Schobel, der als Rundfunkpfarrer auch vom "geistlichen Wort" des Südwest-Rundfunks bekannt ist, geißelte die derzeitige "neoliberale" Haltung und erinnerte damit mehr an südamerikanische Befreiungstheologen als an deutsche Hirten, deren gesellschaftliches Bild noch immer eher vom rheinischen Kapitalismus geprägt ist. Bezüge zum Glauben stellte er trotz seiner eindeutig politischen Rede ebenfalls her. "In der Bibel ist gerechter Lohn ein großes Thema - das könnte auch in der SPD interessieren."

Heftige Kritik übte der katholische Theologe an den Kirchen. Sein Vorwurf: Auch die Kirchen hätten sich auf die Marktgesetze eingelassen und ließen mitunter verlautbaren, dass sie sich zum Markt bekennen würden. "Früher haben wir uns zu Jesus Christus bekannt."

Der Seelsorger rief zur Rückbesinnung auf die katholische Soziallehre auf: "Lohnfindung der Marktsteuerung zu überlassen, geht schief". Die "Kapitalisten und ihre Handlanger" müssten erkennen, dass nicht jedes Gut vermarktbar sei. Als Beispiel, als "Sündenfall", nannte er die Altenpflege und den dortigen Preiskampf.

Statt sich der Marktgesetzlichkeit zu unterwerfen, fordert er Bündnisse der Gewerkschaften und Kirchen, um "Berlin zu umzingeln". Richte man sich nach dem Markt, kämen chinesische Stundenlöhne und amerikanische Managergehälter heraus.

Sein Appell an die Arbeitnehmer lautete: "Organisiert Euch!", damit die Gewerkschaften stark würden und Druck machen könnten, um sich die "Politik zur Brust" zu nehmen und Missstände öffentlich machen zu können. Als positives Beispiel nannte er eine Liste der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die "Micker-Löhne-Zahler" an den Pranger stellt und damit Verbrauchern ermögliche, entsprechend zu reagieren. "Wir brauchen diese Transparenz, das ist Marktwirtschaft." Denn das wirtschaftliche Streben sei auf "ein einziges zusammengedampft: Rendite, Rendite, Rendite".

Bevölkerung wird sensibler

Erfreut zeigt sich der kämpferische Betriebsseelsorger, der zugibt, dass manchmal der Gaul mit ihm durchgeht, dagegen über die zunehmende Sensibilität in der Bevölkerung. Spitzengehälter hätten wenig mit Leistung zu tun, damit rannte Schobel auch an diesem Abend offene Türen ein.

Deutschland sei Hochlohnland, da der "Esel Arbeit" die Soziallasten schultern müsse. Diese würde Schobel gern auf alle Geldeinkommen verteilt sehen, also auch auf Dividenden oder Mieteinnahmen. Schobel wies auch auf die Folgen der Armut hin. Finanzielle Armut ziehe Bildungs-Armut nach sich. Durch den Zwang zur privaten Altersvorsorge sieht er mit dem Niedriglohnsektor auch den Grundstein für spätere Altersarmut gelegt.

Schobel sieht den Mindestlohn indessen auch im Interesse der Wirtschaft, nicht nur wegen der gestärkten Binnennachfrage, sondern auch aus Gründen der Arbeitsqualität: Bei gerechtem Lohn identifizierten sich die Arbeitnehmer mehr mit dem Produkt.

 

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