Eppler: Vor neuer Epoche

Veröffentlicht am 12.01.2009 in Kreisverband

Gestern bei der SPD in Geislingen: Erhard Eppler. Foto: Rainer Lauschke

Statt Markt-Radikalismus mehr Gemeinsinn - Neujahrsempfang der SPD

Am Wendepunkt zu einer neuen Epoche: statt Markt-Radikalismus mehr Gemeinsinn. So skizzierte der Sozialdemokrat Erhard Eppler gestern beim SPD-Neujahrsempfang die derzeitige politische Lage.

MANFRED BOMM, Geislinger Zeitung

Geislingen Seinem Ruf als Vor- und Querdenker ist er auch gestern gerecht geworden. Der 82-jährige Erhard Eppler, einer der führenden Köpfe der deutschen Sozialdemokratie, glaubt zu wissen, weshalb den Politikern heutzutage miserable Noten ausgestellt werden: weil aus jedem Thema eine Prestigefrage gemacht werde - was fürs Ansehen einer Regierung geradezu tödlich sei. Statt eines "polemischen Gewürges" erwarte der Bürger einen "gemeinsamen Willen". Eppler, einst SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag (1976 bis 1980), sowie Vorsitzender der Landes-SPD (1973 bis 1981) und Mitglied der Grundwertekommission seiner Partei, beklagt die "Selbstabwertung der Politik", wie sie durch zunehmende Privatisierungen erfolgt sei. Den demokratischen Gremien werde immer mehr Entscheidungsspielraum genommen - mit der Folge, dass selbst Gemeinderäte erklärten, es lohne sich nicht mehr zu kandidieren. Weil eine solche Entwicklung letztlich den Staat bedrohe, erteilt Eppler weiteren Privatisierungen eine klare Absage. Wohin es führe, wenn ein Staat seinen Einfluss verliere, zeige sich in afrikanischen Ländern, die er einst als Entwicklungshilfeminister kennengelernt hat: "Wo kein Staat ist, sind die Menschen nicht frei, sondern Freiwild für Banditen und die Herrschaft der Kalaschnikow."

Die jetzige Finanzkrise hat nach Darstellung Epplers gezeigt, dass der "Markt-Radikalismus" nicht mal der Wirtschaft dienlich sei. Der SPD-Politiker erinnerte daran, dass er bereits 1974 nach der ersten Ölkrise eine ökologisch zukunftsfähige Industriegesellschaft gefordert habe. Doch die von der rot-grünen Koalition 1989 eingeleitete Energiewende sei zu spät gekommen, um den "großen Tigern in Asien" jetzt Vorbild sein zu können. Epplers Fazit: "Der Markt ist für die Klimakatastrophe blind." Nun sei der Staat gefordert, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen - und zwar nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Ökologie und Soziales.

Die "markt-radikale Ideologie ,Geiz ist geil" habe den Menschen einreden wollen: "Je gieriger ihr seid, desto besser für uns alle zusammen." Eppler ist davon überzeugt, dass dieser "Wahlspruch einer heruntergekommenen Gesellschaft" in der neuen Epoche, wie er sie aufziehen sieht, einem anderen Motto weichen wird: "Ohne Gemeinsinn geht es nicht."

Er rief dazu auf, den demokratischen Rechts- und Sozialstaat - "eine schwer erkämpfte Errungenschaft europäischer Geschichte" - mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Lebensfähig sei das Gemeinwesen aber nur, wenn es seiner sozialen Verantwortung für alle Bürger gerecht werde. Was die SPD anbelangt, hat Eppler keinen Zweifel: "Wir passen in die neue Epoche ganz genau hinein", stellte er nach seiner über einstündigen Rede fest.

Zu Beginn bereits hatte der Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion, Dr. Hansjürgen Gölz, die Frage in den Raum gestellt, warum der "Impuls- und Gedankengeber" immer "so oft Recht und so wenig Erfolg hatte". Oberbürgermeister Wolfgang Amann hatte in seinem Grußwort ein Investitionsprogramm für Kommunen gefordert, die immerhin der "Wirtschaftsmotor Nummer eins" seien.

 

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