Perspektiven für Menschen mit geistiger Behinderung

Veröffentlicht am 29.02.2008 in Kreistagsfraktion

Sozialausschuss des Kreistags beschäftigt sich in einer Sondersitzung mit dem ersten Teil des "Teilhabeplans"

Ein Meilenstein ist erreicht: 148 Seiten umfasst der "Teilhabeplan" für Menschen mit geistiger Behinderung im Kreis Göppingen. Jetzt liegt er vor. Damit beginnt die Arbeit erneut: Der Plan formuliert viele Aufgaben.

RODERICH SCHMAUZ, Neue Württembergische Zeitung

Kreis Göppingen In einer Sondersitzung, die in der Behindertenwerkstatt der "Lebenshilfe" in Geislingen stattfand, wurde dem Sozialausschuss des Kreistags gestern der erste Hauptteil des Kreisbehindertenplans vorgestellt. Er ist das Ergebnis von elf Sitzungen eines Arbeitskreises und von Vor-Ort-Besuchen in vielen Behinderteneinrichtungen. Dieser Teilhabeplan widmet sich "Menschen mit wesentlichen geistigen, körperlichen und Sinnesbehinderungen". Er macht eine Bestandserhebung, formuliert den Bedarf samt Stärken und Schwächen und entwickelt Perspektiven. Der zweite Teil, der auf Jahresende fertig sein soll, befasst sich dann mit seelisch Behinderten.

1100 stark behinderte Menschen aus dem Kreis Göppingen betrifft die jetzige Planung, sagte Sozialdezernent Hans-Peter Gramlich und nannte folgende Vergleichszahlen: In der Altenhilfe gebe es im Kreis 1800 vollstationäre Pflegeplätze; einen Schwerbehindertenausweis besäßen 20 700 Kreisbewohner. Gramlich befürwortet wohnortnahe Behindertenhilfen. Und man müsse weg vom voll- zum teilstationären und zum ambulanten Bereich. Die 22,5 Millionen Euro, die der Landkreis in diesem Jahr für die Behindertenhilfe ausgibt, würden viele Betreuungs-Arbeitplätze sichern. Große Aufgaben sieht Gramlich auf den Kreis zukommen angesichts demografischer Prognosen, die bis 2020 bei Wohnplätzen einen Zusatzbedarf von 22 Prozent, bei Werkstattplätzen sogar von 54 Prozent voraussagen.

Christine Blankenfeld erläuterte wesentliche Ergebnisse des Plans:

Kindergärten: Im Landesdurchschnitt liegt der Kreis bei der Integration behinderter Kinder in allgemeine Kindergärten. Den Kindergarten für geistig Behinderte in Heiningen solle man dezentralisieren und allgemeinen Einrichtungen angliedern, im Sinne der Integration und um den Kindern täglich weite Anfahrtswege zu ersparen.

Sonderschulen: Es gibt immer mehr Sonderschüler. Über 100 müssen Schulen oder Internate außerhalb des Kreises Göppingen besuchen. Angestrebt werden soll eine Klasse für körperbehinderte sowie eine Außenklasse für hörgeschädigte Schüler in Göppingen.

Arbeitsplätze: Verwaltungen sollten Vorreiter sein und Arbeitsplätze für Behinderte anbieten. In die Werkstätten der "Lebenshilfe" gehen 468 Personen, die Werkstätten sind stark überbelegt - Tendenz steigend: Deshalb wird eine weitere, gut erreichbare Werkstatt im Raum Süßen oder Eberbach vorgeschlagen. Firmen sollen für Außenarbeitsplätze gewonnen werden. Erstmals nach der Zeit des Nationalsozialismus mit seiner Euthanasie kommt eine Behindertengeneration ins Seniorenalter. Darauf müsse man sich einstellen, fordert der Teilhabeplan.

Wohnen: 316 behinderte Erwachsene leben in ihren Familien; offene Hilfen müssen dies noch mehr unterstützen. Im Landesvergleich sehr wenige, nämlich 179 Behinderte, leben in sechs Wohnheimen sowie in Außenwohngruppen. Es besteht Bedarf für ein weiteres Wohnheim sowie für dezentrale kleinere Einheiten. Bei selbstständigeren Wohnformen sieht der Teilhabeplan Nachholbedarf: Hier könne ein Vorzeigeprojekt die Initialzündung geben.

"Lange haben wir auf diesen Tag gewartet", würdigte Hansjörg Wohlrab (SPD) den Teilhabeplan als "wichtige Entscheidungsgrundlage". Der Anspruch, Behinderte in die Gesellschaft zu integrieren, sei noch nicht erfüllt. Hans Georg Frey (FDP) dankte für die "solide Datenbasis", ebenso allen Beschäftigten im Behindertenbereich und den Eltern, die ihre behinderten Kinder zu Hause betreuen. Anita Ilg (CDU) lobte den "hervorragenden Überblick" über Stärken und Schwächen, der die "Herausforderungen sichtbar" mache.

 

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