Weg frei für Sozialarbeit an Berufsschulen

Veröffentlicht am 25.01.2012 in Kreistagsfraktion

SÜDWEST PRESSE | Autor: SUSANN SCHÖNFELDER | 24.01.2012

Kreis Göppingen. Der Landkreis will in die Schulsozialarbeit an den beruflichen Schulen einsteigen. Der zuständige Ausschuss hat jetzt zugestimmt, bis Herbst ein Konzept mit Hilfe des Verbunds Jugendberufshilfe zu erarbeiten.

Viele Schulen im Landkreis haben sie bereits, die beruflichen Schulen im Filstal noch nicht: Schulsozialarbeiter. Das soll sich jetzt ändern: Der Verwaltungsausschuss des Kreistags hat am Freitagabend zugestimmt, bis zum Beginn des neuen Schuljahres ein Konzept zu erarbeiten. Die Bürgervertreter folgten dabei dem Vorschlag der Grünen, Experten aus dem Verbund Jugendberufshilfe mit ins Boot zu holen. Zunächst werden im Haushaltsplan 30 000 Euro mit Sperrvermerk eingeplant. Die endgültige Summe einschließlich der Folgekosten hänge vom Inhalt der Konzeption ab, erklärte Landrat Edgar Wolff. Eine Möglichkeit sei, "sich an einen Maßnahmenträger anzudocken", erklärte Kreiskämmerer Günther Stolz auf Anfrage. Sinnvoll sei aus seiner Sicht, einen Pool aus Sozialarbeitern zu bilden.

Fakt ist: Die Personalkosten für sieben Stellen an allen sieben Berufsschulen im Landkreis betrügen jährlich 233 000 Euro netto, rechnete der Verwaltungschef vor. Insgesamt lägen die Kosten bei 350 000 Euro, wobei das Land angekündigt hat, ein Drittel der Kosten für Schulsozialarbeit zu übernehmen. Eine freiwillige Aufgabe, die nicht nur viel Geld koste, sondern auch mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden sei, meinte die Verwaltung und empfahl den Kreisräten daher diese Lösung nicht.

Dem Beschluss war eine muntere, kontroverse Diskussion vorausgegangen. Peter Feige (SPD) bekräftigte den Antrag seiner Fraktion und trommelte kräftig für die Einführung der Schulsozialarbeit: "Wir sind der Auffassung, dass man ohne Schulsozialarbeiter nicht mehr auftragsgemäß arbeiten kann. Wir haben bei weitem mehr Problembereiche bei Schülern als vor zehn Jahren." Feige warb aber dafür, "nicht hoppladihopp" etwas auf die Beine zu stellen, sondern ein schlüssiges Konzept zu erarbeiten. Der Sozialdemokrat wies zudem darauf hin, dass mittlerweile Beratungslehrer häufig den Job eines Sozialarbeiters übernehmen, was aber nicht Sinn und Zweck sei: "Beratungslehrer sollen die Schüler über die Schullaufbahn beraten, das ist ein völlig anderer Aufgabenbereich."

Das sah auch Siegfried Pietrass, Leiter der Gewerblichen Schule in Göppingen, so - mit der Einschränkung, dass Schulsozialarbeit an Berufsschulen "nur begrenzt" möglich sei, weil die jungen Menschen oft nur sehr kurz da seien. Pietrass und die anderen Schulleiter appellierten an die Kreisverwaltung, im Sinne der Gleichberechtigung Schulsozialarbeit an allen sieben Einrichtungen im Kreis anzubieten.

In den Reihen der CDU war die Skepsis groß, dafür Geld in die Hand zu nehmen. "Ein Lehrer steht an vorderster Front und ist auch ausgebildet, um Probleme zu bearbeiten", meinte Stephan Arnold. "Wir Lehrer nehmen uns die Zeit und haben auch die Zeit", widersprach er Peter Feige. Zumal die Probleme häufig nicht in der Schule, sondern im Elternhaus aufträten, fügte Arnold hinzu. Sein Fraktionskollege Hans Wimmer stimmte ihm zu: "Ich sehe es nicht ein, in die Schulsozialarbeit einzusteigen, wenn die Schule das selbst schafft. Nur weil es politisch gewollt ist."

Mit dem Vorschlag, ein Konzept auszuarbeiten, konnten sich dann aber alle Ausschussmitglieder anfreunden. Die Konzeption soll bis zum neuen Schuljahr stehen. "Bis es dann richtig losgeht, brauchen wir sicher noch etwas Zeit", meinte der Kreiskämmerer.

KOMMENTAR · SCHULSOZIALARBEIT: Ein überfälliger Schritt
SUSANN SCHÖNFELDER
Besser spät als nie: Was an Schulen in kommunaler Trägerschaft schon seit Jahren erfolgreich praktiziert wird, soll nun auch an Schulen des Landkreises eingeführt werden. Die Rede ist von Schulsozialarbeitern, die für Schüler, Lehrer und Eltern gleichermaßen Ansprechpartner sind und das Miteinander sowie das gemeinsame Lernen fördern sollen. Sie kümmern sich nicht nur um verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche, sondern sorgen dafür, dass Schüler mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unterschiedlicher Herkunft durch die Schule begleitet und gefördert werden.
Die Vorteile liegen also auf der Hand. Deshalb ist der Schritt, dieses Angebot auch an beruflichen Schulen im Kreis Göppingen zu etablieren, längst überfällig. Bisher scheiterte die Einführung - wie so oft - am Geld. Die Zusage der grün-roten Landesregierung, ein Drittel der Kosten zu übernehmen, macht es dem Landkreis nun einfacher.
Die Finanzen sind jedoch das eine, eine gute Konzeption das andere. Die Entscheidung der Kreisräte, sich in Ruhe Gedanken über ein funktionierendes Modell zu machen, ist daher wichtig und richtig. Denn Sozialarbeit an Berufsschulen ist anspruchsvoll: Die Jugendlichen besuchen unterschiedliche Schularten, die Altersspanne ist groß, der soziale Hintergrund äußerst heterogen. Eine sozialpädagogische Hilfe und Begleitung wird daher ein großer Gewinn für die Schüler sein.

 

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